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                  I n h a l t s ü b e r s i c h t
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               Der Hof  W i s m a n n  in Wadelheim
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Der Hof Wismann in Wadelheim                                     1

Sind es nur Legenden?                                            1

Erste urkundliche Nachweise                                      2

Blick in alte Pachtbücher                                        2

Wer waren die Heuerleute?                                        3

Beginn einer neuen Zeit                                          4

Kindesrechte wurden gewahrt                                      6

Vor dem Amtsgericht in Ibbenbüren                                8

Schlußbetrachtungen                                             10

                                - 143 -
                                 - 1 -

Der Hof  W i s m a n n  in Wadelheim
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Zu den bekanntesten Bauernhöfen, die in den linksemsischen Bauernschaften
liegen, gehört unzweifelhaft das alte Erbe Wiesmann. Wer das in der Le-
gendenbildung oft erwähnte Anwesen gründete, wer die ersten Bewirtschafter
waren und wohin der Hof, ob zum Obereigentum der Kirche oder des Adels,
sich zu orientieren hatte, wird wohl niemals aufgehellt werden können.


Sind es nur Legenden?
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Seit alter Zeit lag und liegt nach alten Erzählungen ein Schleier über dem
Hof, durch den man nicht zu blicken vermag. Es ist daher zu verstehen, daß
der Schleier vielfach zu Legenden Anlaß gab. Gewöhnlich haben Sagen und
Legenden einen historischen Hintergrund. So kann man dem Wort des Schmug-
gelns, dem ein Vorfahr des Hofes verfallen war, wohl Glauben schenken.

Bekanntlich lag noch vor hundert Jahren an der Entenkoje in Landersum die
preußisch-hannoversche Grenze. Der heute hochbetagte Verwalter des Hofes,
Josef Berning, der nun nahezu 50 Jahre auf dem Hof lebt, erzählt von auf-
gefundenen, bisher unbekannten Kellern, die nach der Vernichtung des Hofes
durch Brandbomben im März des Jahres 1945 sichtbar wurden. Hier verstauten
die Schmuggler ihre Packen, und der Hofbesitzer soll ihnen ein williger
Helfer gewesen sein.

In Verfolg eines Prozesses, den man gegen die Schmuggler anstrengte, soll
dem Wiesmann eine harte Geldstrafe auferlegt worden sein, die er nur durch
Verkauf seiner Heuerhäuser mit den dazugehörenden Ackerstücken bezahlen
konnte.

So kommen die Häuser Wadelheim Nr. 15 1/2  =  Rolfes und Nr. 15 I  =
Köster, die am alten Postdamm liegen, unzweifelhaft aus dem Grundbesitz
des Wiesmann, denn man pflegte - nach dem Brandkataster - den zum Hof
gehörenden Heuerhäusern die Grund-Nr. des alten Hofes voranzustellen.
Verkaufsakten weisen aus, daß auch der Hof Hermann Eilting, Wadelheim
Nr. 43, der einen Haar als früheren Besitzer hatte, größere Gründe aus
Wiesmanns Besitz erwarb. Daß aber der ganze Postdamm früher zu Wiesmanns
Erbe gehörte, ist nicht erwiesen.

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                                  - 2 -

Erste urkundliche Nachweise
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In den ältesten Urkunden, die über den Hof aussagen, wird er als Wischer,
Wyschering, Wieschmann bezeichnet. In der Holz-Markenrolle vom Jahre 1469
wird das Anwesen unter den neun Höfen Wadelheims als Wischer aktenkundig,
wobei ein Grundherr keine Erwähnung findet. Ein Verkaufsbrief vom Jahre
1490 bezeichnet die Lage des Verkaufsobjektes:

   "tuschen de Hünenborch und den Wyschinck Velde".

In der Willkommschatzung für den Bischof Konrad von Rietberg vom Jahre
1498, benannt "Rene, binnen und buten", findet ein Johan then Wyschen
Erwähnung.

Mehr bekannt mit dem Wehrfester Wysman, eine Bezeichnung für den Hofbe-
sitzer, macht uns eine Viehschatzung des Domkapitels aus dem Jahre 1534.
Hier wird schon offenkundig, daß das Wysmanns Erbe bis zum Jahre 1784 der
größte linksemsische Bauernhof war.

Der Hof hatte in seinen Ställen 7 perde, 4 ossen, 12 rynder, 11 schape,
12 swyne, hatte 5 yme (Bienenvölker). Es halfen ein Knecht und eine Magd
auf dem Hof, welcher 10 Mark, 7 Schillinge und 9 Pfennige an Steuern
aufbringen mußte. Nach der erwiesenen Haltung von 11 Zugtieren muß man
annehmen, daß der Hof einen Grundherrn hatte, dem er spann- und dienst-
pflichtig war.

Im Jahre 1578 verkauft das begüterte Alte Hospital in Rheine dem Hermen
Wiesman und seiner Frau Swenne 9 Scheffelsaat Land auf dem Thieberge gegen
Dutum zu.


Blick in alte Pachtbücher
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In den Verzeichnissen der Jahre 1469, 1534 und 1662 wird beim Hof Wiesman
kein Grundherr angegeben. Man könnte daraus folgern, der Hof wäre zu
diesen Zeiten ein freies Besitztum gewesen. Das trifft jedoch nicht zu,
denn der Hof wurde im Jahre 1832 von einem Horstmann gen. Wiesman dem
Grundherrn, Lieutnant Meyer aus Rheine, der auch oft mit Bürgermeister
betitelt wurde, abgekauft.

Bis dahin war die Geschichte des Hofes nach mündlichen Überlieferungen
recht wechselhaft; doch sind schriftliche Notizen über den Hof recht

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                                  - 3 -

dürftig, weil vorhanden gewesene Hofakten beim Brande vom 21 März 1945
mit vernichtet wurden.

Ein verheerender Hagelschlag überkam im Jahre 1678 das Oberstift Münster.
Die Folge war ein Steuernachlaß des Bischofs. In der erlassenen Designa-
tion wird auch ein Wysman in Wadelheim genannt. Eine Hausschatzung des
Domkapitels vom Jahre 1579 nennt den Hof Wiesman als Ganzerbe. Sein ver-
antwortlicher Heuermann heißt Lucas Bruer. Dieser stand gewissermaßen
nebenberuflich als Landesschütze im Dienst des Landesherrn.

Noch zwanzig Jahre nach dem 30jährigen Krieg war das Bistum Münster arg
verwüstet und verarmt. So nahm der bischöfliche Landesherr die verarmten
Heuerleute gern in seine Dienste, sowohl als Landesschützen als auch
als Reiter.


Wer waren die Heuerleute?
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In dem Pachtbuch des Richters und Gografen Michael Josef van Coewerden,
dem in den Jahren !784 - 92 das Drostenamt Rheine-Bevergern unterstand,
finden wir den Zeller Wiesman mit 7 Heuerleuten verzeichnet. Alte Bauers-
leute in Wadelheim wußten nach Befragung nichts mehr über diese Heuer-
leute zu berichten. So blieb nichts anderes übrig, als alte Archivakten
des Diözesanarchivs zu befragen. Erfreulicherweise konnten die Akten
über Heuermänner und -leute viel Aufschlußreiches aussagen. So war dem
Heuermann beim Ausscheiden des Hofbesitzers durch Krankheit oder Tod die
Verantwortung über den Hof übertragen, während die Heuerleute, die viel-
fach einem Gewerbe nachgingen, nur bei der Heu-, Getreide- oder Kartoffel-
ernte zu helfen hatten.

Laut einer Schatzungsliste vom Jahre 1604 hatte die Wittibe "de Wyschen-
sche" in Wadelheim 2 Mark Steuern zu zahlen.

Die Helfer auf dem Wiesmannshof waren
im Jahre 1741 der Heuermann Schürmeyer,
              die Heuerleute Wewer,
                             Kötter,
                             Bruning,
                             Becktrup,
                             Kosters,

                                - 146 -
                                 - 4 -

im Jahre 1764 der Heuermann  Schürmeyer,
              die Heuerleute Joan Krumme,
                             (wohnt im Backhaus),
                             Niehues,
                             Joan Wewer,
                             Gerd Röwemeyer,
                             Jugge,

im Jahre 1798 der Heuermann  Joan Krumme,
              die Heuerleute Schroer,
                             Wewer,
                             Kötter,
                             Bruninck,
                             Biekmann,
                             Bispinck.


Beginn einer neuen Zeit
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In Auswirkung der französischen Revolution, die bekanntlich unter dem
Grundsatz Freiheit und Gleichheit stand, wurde auch im damaligen König-
reich Westfalen die Leibeigenschaft aufgehoben, und es wurden den Bauern
damit gleiche Rechte gegeben, wie sie alle anderen Staatsbürger hatten.
Ein Blick in die schon angeführte Schatzungsliste des Richters und Go-
grafen van Coewerden macht offenkundig, daß für den Ortsteil "de Schleipe"
auch ein Horstmann genannt wird. Dieser Horstmann heiratete die letzte
Wiesmann; es war wohl eine "Piggenbrut". Fortan wurde der Hofname Horstmann
gen. Wiesmann geführt. Der Volksmund verrät uns, daß der Horstmann von
Beruf Gärtner war und in dem Pastor Dr. Anton Bispinck (1813 - 1860)
einen guten Bekannten hatte. Dieser riet dem Horstmann, seinen Heuermann
und die Heuerleute abzustoßen, zu entlassen, da dieselben ihm (dem Horst-
mann) nicht mehr viel einbrächten. Das scheint auch bald geschehen zu
sein, denn in den Verkaufsunterlagen ist von den Heuerleuten nicht mehr
die Rede.

Dem Vorgang des Überganges des ganzen Wiesmannserbes in das freie Eigen-
tum des Colons Gerhard Horstmann gen. Wiesmann und seiner Frau Cath.
geb. Wiggers liegt ein Kaufvertrag vom 29. November 1832 zu Grunde.
Dieser Vertrag macht uns in familiengeschichtlicher Hinsicht mit alten
Bürgerfamilien bekannt, die innerhalb wie außerhalb unserer Stadtmauern
teils noch bestehen, teils ausgestorben sind.

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                                  - 5 -

Der Kaufkontrakt vom 29. 11. 1832 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

1. Dreitausend neunhundert Reichsthaler rückständige Kaufgelder aus dem
   notariellen Dokument v. 29. 11. 1832, wonach der Herr Lieutnant
   Arnold Meyer das Wismannsche Colonat den jetzigen Besitzern für
   viertausend 900 Rtlr.dergestalt verkauft hat, daß davon tausend Rtlr.
   am 2. 2. 1833, tausend 900 aber am 2. 2. 1835 gezahlt und die übrigen
   2000 Rtlr.darauf zinsbar stehen bleiben sollen, welche nach einer
   beiden Teilen zustehenden halbjährlichen Löse u. zwar in Terminzahlun-
   gen von 500 Rtlr., so daß zwischen einem jeden Termin der Raum von
   1 Jahr liegt, abgetragen werden sollen, wobei verabredet ist, daß der
   Kaufpreis, resp. der jedesmal verbleibende Rest mit vier Prozent und
   wenn der Schuldner sechs Wochen im Rückstand bleiben sollte, mit fünf
   Prozent verzinset werden sollte, wobei der Besitzer das angekaufte
   Colonat zur Sicherheit des Kaufpreises von 4000 u. 900 Rtlr., deren
   Zinsen u. Kosten zur ersten Hypothek gesetzt u. sich dabei der Befugnis
   begeben hat, bei abtragung eines Teils des Kaufpreises die so er-
   loschenen Hypotheken-Rechte einem anderen einzuräumen.

   Eingetragen für den Herrn Lieutnant Arnold Meyer in Rheine, jedoch nur
   zu der Summe von Dreitausend 900 Rtlr., Zinsen u. Kosten, worauf nur
   eingetragen ist lt. ett deueto vom 19. Jan. 1833 auf die Parzellen
   laufende Nr. 1 - 79 des Titelblattes


2. Eintausend Rtlr. rückständige Kaufgelder an den Verkäufer Herrn Lieut-
   nant Arnold Meyer zu Rheine aus dem notariellen Dokument vom 29. 11.
   1832, deren Eintragung von demselben nachträglich verlangt werden, indem
   früher darauf eingetragen ist, von dem ganzen Kaufpreis der 4000 u.
   900 Rtlr. bloß den Betrag von 3900 Rtlr. einzutragen und auch nur dieser
   Betrag bis dahin einzutragen ist, wobei zu bemerken, daß Ankäufer in
   gedachtem Dokument für den ganzen Kaufpreis der 4900 Rtlr., deren Zin-
   sen jährlich am 29. Sept. mit 4 Prozent u. wenn der Ankäufer mit der
   Zinszahlung sechs Wochen im Rückstand bleiben möchte, mit 5 Prozent
   fälligen Zinsen u. Kosten das angekaufte Colonat zur Hypothek gesetzt,
   der Verkäufer jedoch die Eintragung auf die an Willers verkauften Per-
   tinenzen (Ackerstücke) nicht verlangt hat, die Eintragung auf letztere
   daher auch nicht verlangt hat.

Zufolge gerichtlicher Verhandlung vom 14. 3. 1853 sind die nunmehr dem
Cessionar, Herrn Baumeister Bernhard Anton Niemann zu Bevergern, jährlich
am 14. 3. zu zahlenden Zinsen von dem Kapital der 3900 Rtlr. auf dreizwei-
drittel Prozent bestimmt worden.

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                                 - 6 -

Die gegenüberstehenden 3900 Rtlr. sind aus dem im Erbrezesse v. 7. 6. 1848
angegebenen Rechtstitel auf die Eheleute Posthalter Franz Josef Zaun und
Frau Elise geb. Forstmann in Rheine mit allen Rechten und Zinsen-Kosten
übergegangen.

Nach nochmaliger gerichtlicher Verhandlung vom 14. 3. 1853 ist die Cession
von dem Posthalter Fr. J. Zaun auf den Baumeister Bd. Ant. Niemann in
Bevergern übergegangen.

Zwei Pertinenzien, die Langen Acker- und die Merschbrede, sind vom Colonat
getrennt und am 9. Juni 1834 an den Kötter Willers in Landersum verkauft.

Am 14. Juni 1857 verkauft die Witwe des Colonen Joan Gerhard Horstmann,
gen. Wiesmann, Catharina geb. Wiggers, dem Bauingenieur Franz von Olfers
in Münster für den Preis von 32 Reichstalern und siebenzehn Silbergroschen
einen am Wege von Catenhorn zum Moor gelegenen Heidegrund.



Kindesrechte wurden gewahrt
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Im Jahre 1860 ging die vorerwähnte Witwe Horstmann, geb. Wiggers, mit
einem Gerhard Schulte eine neue Ehe ein. In einem Kontrakt wurden die
Kindesrechte und sonstigen übernommenen Lasten an Gerichtsstätte veran-
kert. Wir lesen dort:


Laut Contrakt vom 18. 10. u. 15. 11. 1860 bleibt die Sussession in die der
Ehefrau Schulte geb. Wiggers übertragenen Grundstücke ausschließlich ihren
Kindern erster Ehe vorbehalten, namens:

1. Bernh. Heinr. Horstmann, gen. Wiesmann, geb. 24. März 1839,
2. Bernh. Gerh. Horstmann, gen. Wiesmann, geb. 20. Oktb. 1840,
3. Maria Anna Horstmann, gen. Wiesmann, geb. 8. Oktb. 1842,
4. Theresia Christ. Horstmann, gen. Wiesmann, geb. 15. August 1844,
5. Gerhard Horstmann, gen. Wiesmann, geb. 1. August 1846,
6. Bernhard Horstmann, gen. Wiesmann, geb. 25. Februar 1848,

sodaß diejenigen Kinder, welche aus der jetzt eingegangenen Ehe des Gerhard
Schulte geboren werden sollten, von der Sussession in diesem Grundvermögen
ausgeschlossen sein sollen.

Diese Sussession soll, falls der Gerhard Schulte u. seine jetzige Ehefrau
Chatarina geb. Wiggers nicht vorher versterben sollten, spätestens zu der
Zeit erfolgen, wo das jüngste der vorgenannten Kinder (zu Nr. 6) die Groß-
jährigkeit erreicht hat.

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                                  - 7 -

Bis zu diesem Zeitpunkt können die Mutter u. nach deren Tode auch deren
Steifvater Gerhard Schulte das Eigentum nutznießen. Auch haben die Ehe-
leute Gerhard Schulte u. Catharine, geb. Wiggers, zur größeren Sicherheit
der vorgedachten Geschwister nicht das Recht, allein und ohne Zuziehung
derselben über die Substanz dieser Grundstücke zu verfügen, haben vielmehr
die Verpflichtung übernommen, den Vormund hinzuzuziehen.

2. Jährlich an den zeitlichen Herrn Pastor zu Rheine ein Scheffel Gerste
u. dreißig Pfennige Mißatikum, auch jährlich ein Huhn u. 6 Pfennige Kraut-
geld aus jedem (Heuer-) Hause, wenn es bewohnt ist.

Angemeldet von Pastor Dr. Anton Bispinck am 24. 12. 1816.

3. Jährlich ein Scheffel Gerste u. noch ein halb Scheffel Gerste statt 10
(zehn) Gersten Garben an den zeitlichen Küster Fischer, angem. am 30. 12.
1816.

4. Jährlich sechs Pfennige an die Pfarrkirche in Rheine, angemeldet von
dem Herrn Pastor Dr. Bispinck am 31. 12. 1816.


Die Eheleute Colon Gerhard Schulte und Catharina, geb. Wiggers, zu Wadel-
heim haben die Parzellen Nr. 1 - 49 des Titelblattes von dem im Hypotheken-
Buch eingetragenen Besitzer, Colon Bernh. Wilhelm Horstmann, gen. Schulte
Schweifing, in Hummeldorf, welcher durch Zeugen nachgewiesen hat, daß die
Parzellen Nr. 43 u. 44 seit urdenklichen Zeiten zu Wiesmanns Colonat ge-
hört haben, am 15. 11. 1860 zu Eigentum übertragen erhalten uns ist der
Besitztitel für die Eheleute, siehe oben, angenommen worden.

Am 26. 11. 1862 wurde wegen Änderung der Besitztitel Nr. 43 u. 44 gericht-
lich entschieden, über die Kostenfrage wurde am 10. 3. 1865 verhandelt.
Die eine Hälfte der Gebühren trugen die Eheleute Gerhard Schulte zu Wadel-
heim, die andere Hälfte trug der Colon Bd. Wilh. Horstmann, gen. Schulte
Schweifing, zu Hummeldorf.

Es verkaufte der Colon Bernh. Wilhelm Horstmann, der spätere Schulte Schwei-
fing, für seine Schwägerin, die Witwe des Colonen Joan Gerhard Horstmann,
am 5. 9. 1859 mehrere Grundstücke an Bernhard Haar, später Herm. Eiltinck,
und an Josef Huesmann in Wadelheim. Jedoch überließ durch Verkauf der
letztere seinen Anteil am 20. 2. 1865 dem Oelmüller Gerh. Heinrich Bringe-
meyer in Wadelheim.

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                                  - 8 -

Vor dem Amtsgericht in Ibbenbüren
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Sehr aufschlußreich und für die Familiengeschichte wertvoll ist ein Blick
in die Tradition der alten Bürgerfamilie Niemann in Rheine, aus welcher
namhafte Ärzte, Juristen und Ingenieure hervorgingen.

Die Familie hat ihren Ursprung in der Ehe des schon vorerwähnten Bau-
meisters und Steinbruchbesitzers Bernhard Anton Niemann und seiner Ehefrau
Elisabeth, geb. Broker, aus Bevergern. Doch wollen wir die alten Akten
aussagen lassen:

Ibbenbüren, den 25. Jan. 1868

Verhandelt in der Wohnung des Kaufmanns Clemens Reinke zu Bevergern.

Vor mir, Gustav Tümler, Königl. Rechtsanwalt u. Notar, wohnhaft zu Ibben-
büren, u. den zugegenen, mir persönlich bekannten Zeugen:

    1. den Böttcher Clemens Allering,
    2. den Tischler Thomas Gladen,

zu Bevergern wohnhaft, ferner zur Teilnahme an dieser Verhandlung er-
schienen:

    1. der Uhrmacher Anton Vogel, namens seiner Ehefrau Anna Maria
       Caroline, geb. Kleiner,
    2. Die Witwe Baumeister Bernh. Anton Josef Ludwig Niemann, geb.
       Stelzer, hierselbst,
    3. der prakt. Arzt Dr. Medizinal Julius Niemann in Rheine,
    4. der Rentner Bernhard Reinke zu Riesenbeck für seine minderjährige
       Tochter Emma,
    5. die Ehefrau des Kaufmanns Clemens Reinke, geb. Niemann, hierselbst,
    6. deren genannter Ehemann.

Der Letztere handelt zugleich auf Grund von Vollmachten seines Schwagers,
des Studiosus der Theologie Heinrich Niemann, zur Zeit in Maria Laach bei
Burg Brohl wohnhaft.

Die Erschienenden beantragen die Aufnahme eines Erbrezesses u. erklären:

Die Eheleute Steinbruchbesitzer Bernhard Anton Niemann u. Elisabeth, geb.
Bröker, zu Bevergern waren bei Eingehung ihrer Ehe bereits verheiratet
gewesen.

Der Erstere hatte aus seiner früheren Ehe mit der Luzie, geb. Wallmeier,
zwei Kinder:

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                                  - 9 -

1. Maria Theresia Niemann, jetzt Witwe des Oekonomen Bernhard Heysinck
   zu Wiedenbrück,
2. Bernh. Ant. Jos. Ludw. Niemann.


Die Ehefrau dagegen hatte aus ihrer früheren Ehe ein Kind am Leben mit
Namen Maria Elisabeth Karoline Kleiner, die jetzige Ehefrau des Uhr-
machers Anton Vogel hierselbst, mit dem sie in der münsterschen Güterge-
meinschaft lebt.

In der gerichtlichen Verhandlung de dato Bevergern den 17. Mai 1823, die
vormundschaftlich genehmigt, sowie am 15. Juni 1846 wurde zwischen den
Kindern aus früherer Ehe und den in der Ehe des Bernh. Ant. Niemann mit
der Elisabeth, geb. Bröker, zu erzielenden Kindern ein Vertrag gemacht.

In dieser letzteren Ehe wurden vier Kinder geboren:

1. Julius Niemann, z. Zt. praktischer Arzt in Rheine,
2. Antonia N., spätere Ehefrau des Rentners Bernhard Reinke,
3. Josefa N., spätere Ehefrau des Kaufmanns Clemens Reinke, mit dem sie
   in der münstersch. Gütergemeinschaft lebt,
4. Heinrich N., z. Zt. Studiosus der Theologie zu Maria Laach.

Die Eltern sind verstorben, der Vater am 25. 11. 1859, die Mutter am
24. 12. 1866.

Von den Kindern aus erster Ehe des Bd. Ant. Niemann starb der Baumeister
Bd. Ant. Jos. Ludw. Niemann am 18. 12. 1854 mit Hinterlassung seiner Ehe-
frau Julie, geb. Stelzner, u. 3 Kindern, welche sämtlich in der Unmündig-
keit versterben und von der Mutter beerbt sind.

Die Ehefrau des Bernhard Reinke starb bereits am 13. 7. 1854, u. es lebte
zur Zeit des Absterbens ihrer Eltern nur noch eine leibliche, jetzt noch
minderjährige Tochter, welche von ihrem Vater vertreten wird.

Hiernach hinterließen die Eheleute Bernh. Ant. Niemann u. Elisabeth, geb.
Bröker, Intestatstämme, von den Erblassern hat zwar die Ehefrau Bd. Ant.
Niemann am 8. Juli 1861 ein Testament errichtet, in demselben aber ledig-
lich einige Legate ausgesetzt und den Dr. med. Jul. Niemann sowie den
Kaufmann Clem. Reinke zu Testaments-Exekutoren berufen, im übrigen aber
die gesetzliche Erbfolge angeordnet.

Von den Erben ist die Witwe Bernh. Heysing zufolge der gerichtlichen
Quittung v. 8. Juli 1867 von dem elterlichen Nachlasse vollständig abge-
funden u. hat anerkannt, daß die übrigen Erben über den Nachlaß frei ver-
fügen können.

In gleicher Weise erklärt hiermit der Kaufmann Clemens Reinke auf Grund

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                                  - 10 -

der Vollmacht des Studiosus Heinr. Niemann, daß dieser von dem elterlichen
Nachlasse vollständig abgefunden ist, cuittiert über dessen Ansprüche und
erkennt die Miterben als berechtigt an und frei verfügen zu können.

Die hiernach übrigbleibenden Erben verteilen im Folgenden den Nachlaß, so-
weit derselbe in Grundstücken und in bisher ungeteilte Forderungen be-
steht.


Von den Hypotheken-Forderungen werden zum alleinigen Eigentum überwiesen

     der Ehefrau des Kaufmanns Clemens Reinke, Josefa geb. Niemann,

die Kaufgelder-Forderung über 3900 Reichstaler u. 450 Reichstaler aus dem
Kaufkontrakt v. 29. Nov. 1832, dem Erbrezesse v. 7. u. 29. Juni 1848, den
Cessionen v. 14. 3. u. 1. 4. 1853 zu Lasten des Colon Bernh. Wilh. Horst-
mann zu Wadelheim, eingetragen im Hypothekenbuch Rheine links der Ems.

Ferner die Darlehnsforderung von 439 Reichstalern u. 15 Silbergroschen
aus der Obligation vom 1. 4. 1853, ebenfalls zu Lasten desselben Colon
Horstmann, gen. Wiesmann, eingetragen im Hypothekenbuch.

Vorstehende Verhandlung wurde allerseits bestätigt, und es wurde für
jeden der heute vertretenen Erbstämme, beziehentlich auf den Kaufmann
Clemens Reinke als Bevollmächtigter der Miterben, je eine Ausfertigung
beantragt.

                                          Unterschriften



Schlußbetrachtungen
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Im Jahre 1887 hatte das Wiesmannserbe eine Größe von 39 Hektar, 94 Ar und
17 Meter.

Der Reinertrag wurde auf 122 Taler und 11 Dezimaltaler, das ganze Objekt
als Wert mit 17.653,20 Mark angegeben.

Das Missatikum wurde im Jahre 1903 abgelöst, und im gleichen Jahre übernahm
der Spar- u. Darlehnskassenverein Rheine die Regelung der Hypothekenbe-
lastung des Hofes.

Zu Anfang meines Hofberichtes widmete ich dem Schmuggel, der in früheren
Jahren im Wadelheimer Grenzbezirk betrieben wurde, eine kleine Abhandlung.
Es gelang mir, in diese Angelegenheit ein wenig tiefer Einblick zu nehmen.

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Wegen des Grundherrn, den das Wiesmannserbe einmal genannt haben muß,
suchte ich das Archiv für Westfälische Familienforschung in Münster auf.
Hier stieß ich auf nicht erwartete Quellen über die Geschichte des Hofes.
In einem Werk "Haus u. Hof deutscher Bauern" von Josef Schepers fand ich
einen drei Seiten umfassenden Lageplan des alten Hofes, der um das Jahr
1850 erstellt worden ist.

So wie der Hof vor über 100 Jahren sich uns vorstellte, vermitteln uns
Skizzen und Zeichnungen, dazu erläuternde Beschreibungen. Es heißt dort,
daß der Hof, grabenumhegt, in einem Eichen- und Buchenkamp liegt, das
Haupthaus ist umgeben von Scheune mit Schafstall, Backhaus, Schweinestall,
Brunnen, Obstwiesen und einem Gemüsegarten.

Das Bauernhaus, ein Vierständerbau aus dem Jahre 1757, hatte einen Doppel-
kamin mit Steinmetzarbeiten, aus denen die Jahreszahl 1757 zu lesen war.
Sehr aufschlußreich wird über den Torbogen geschrieben, in dem eine soge-
nannte Neidmaske eingebaut war. Es heißt dort wörtlich weiter:

     "damals wohl nicht von ungefähr angebracht, da der einheiratende
      Schulte Aferwertering nicht der Inschrift gemäß dem "Gott allein
      die Ehre" gab."

Dem Innern des Hauses lag ein strebenloses Fachwerk zu Grunde, das nach
Tecklenburger Bauart gefertigt war. Im Jahre 1773 wurde das Backhaus ge-
baut, alle anderen Nebengebäude wurden in den Jahren 1825 - 50 errichtet.

Der schon vorerwähnte, in den Hof Wiesmann einheiratende Schulte Afer-
wertering stammt von dem sehr alten Schultenhof Öchtering, auch Öftering,
in Rodde, der einige hundert Jahre dem Kloster Bentlage (erbaut 1437)
eigenhörig war. Da der Schulte Aferwertering, wie es heißt, nicht "Gott
allein die Ehre" gab, drängt sich die Frage auf, ob er wohl der Wies-
mannsche Hofbesitzer war, der vor vielen Jahren dem Schmuggel verfallen
war.